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Clemens Klopfenstein (b. 1944) Geschichte der Nacht (1979) Clemens Klopfenstein - Poesie und Experiment Clemens Klopfenstein ist für uns der unabhängige Filmemacher par excellence - kreativ, temperamentvoll, fantasiereich, humorvoll, dem Experiment aufgeschlossen. Ein Filmautor, der sich jeder Anpassung oder jedem kommerziellen Erfolgsrezept verweigert, aber aus seiner Umwelt, seinem Erleben, dem Umgang mit Freunden und der Auseinandersetzung mit dem Filmmedium immer neue, frische, Impulse entwickelt; auch aus der Reaktion auf Landschaften, auf Milieu und Ambiente. Die Lust auf das Abenteuer und die Erkundung des Fremden / Exotischen, aber auch die ironische, selbstkritische Observierung des Nahen, Vertrautem und Bekanntem sind Klopfensteins Grundmotive. Und immer gibt es bei ihm eine Ebene der Ironie, der Doppeldeutigkeit, des Spiels mit Nuancen. Auf eine konventionell erzählende Handlungslinie kann Klopfenstein in seinen Filmen, die auf der Grenzlinie zwischen Fiktion und Dokument angesiedelt sind, durchaus verzichten, oder aber er benutzt das Narrative nur als Hilfsmittel, als Faden, auf dem als Perlen Episoden, Einfälle oder Improvisationen aufgereiht werden. In seiner Anfangszeit huldigte Klopfenstein dem reinen kinematographischen Essay, schon in diesem Bereich glückten ihm einige seiner schönsten Leistungen. Ich werde nie den Eindruck vergessen den "Geschichte der Nacht" (1979) beim ersten Sehen auf uns machte, diese eindringliche und rein visuelle Studie nächtlicher Landschaften aus Europäischen Grossstädten, die an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegt und mit ganz wenigen Geräuschen operiert, aus diesen sorgsam gefilterten Eindrücken aber eine unvergleichliche Intensität der Beobachtung, des Lichts und der atmosphärischen Dichte entwickelt. Auf dem gleichen Weg ging "Transes - Reiter auf dem toten Pferd" (1981) noch weiter, hier wahren es Auto- und Kamerafahrten durch schneebedeckten Landschaften die ein traumhaftes Klima erzeugten. Klopfensteins Filme haben oft zu tun mit Reisen und der Erkundung von Landschaften. Im Fremden entdeckt er das Bekannte, seine Protagonisten tragen auch an entfernten Orten ihre Individualität, ihre Obsessionen mit sich herum, in einer Umwelt, zu der diese Elemente eigentlich nicht passen wollen; aber daraus entwickelt Klopfenstein die schönsten Kontraste und wechselseitige Beleuchtungen. Er oszilliert zwischen Märchen und Realismus, so zum Beispiel in "Macao oder die Rückseite des Meeres" (1988) das Reisethema ist auch Klopfensteins späteren Filmen auf besondere Weise inhärent, dem Kurzfilm "Die Gemmi - ein Übergang" (1994) und dessen Fortsetzung "Das Schweigen der Männer" (1997) der zum Teil in Ägypten spielt, und auch seine letzten Schauspielerimprovisation "WerAngstWolf" (2000), die Darsteller klassische und modernen Texte in italienischen Berglandschaften rezitieren lässt ist so eine Reise ein Stück Poesie, eine Erkundung des Unbekannten, ein Wagnis und ein Experiment das doch mit Witz, Ironie und spielerischer Anmut ausgestattet ist. Berlin, August 2000. |